Samstag, 13. Dezember 2014

Harbin oder auch 'wie kann es nur so kalt sein'

Harbin liegt im Nordosten Chinas und wird nicht ohne Grund "die Stadt des Eises" genannt. Bei meiner Ankunft lag die Temperatur bei -15°C und bei meiner Abreise bei -21°C. Trotzdem habe ich mich im Dezember nach Harbin gewagt. Die beliebteste Reisezeit für Harbin ist eigentlich von Januar bis Februar, weil in diesem Zeitraum dort das Eislaternenfest stattfindet. Zu diesem Anlass werden Eisskulpturen geschaffen und bei Dunkelheit mit bunten Laternen angeleuchtet. Ich würde mir zwar gerne diese Ausstellung anschauen, aber im Januar und Februar bin ich in Shanghai mit einem Praktikum beschäftigt.

im Temple of Bliss
Es gibt aber noch viele andere interessante Dinge, die man sich in dieser Stadt ansehen kann.
Am ersten Tag haben meine Kommilitonin Michelle und ich den "Temple of Bliss", einen buddhistischen Tempel, besichtigt. 
Die Sophia Kathedrale
Bald wurde uns aber zu kalt und wir beschlossen uns lieber drinnen aufzuhalten. Die Sophia-Kathedrale eignete sich sehr gut dafür. Diese Kathedrale wurde 1993 im russischen Stil erbaut und ist heute das Zentrum für Architektur und Kunst. In der Kathedrale sind zahlreiche Bilder von Harbin im 20. Jahrhundert sowie Modelle der Stadt enthalten. 

Das alles interessierte mich zu diesem Zeitpunkt gar nicht mal so sehr, mein Ziel war nur der Kälte zu entfliehen. Anschließend haben wir das Stadtmuseum von Harbin besichtigt. Der Themenbereich dieses Museums erstreckte sich von der Frühgeschichte von Harbin bis hin zu Kunst und Musik. Da Harbin so nah zu Russland liegt, sind dessen Einflüsse sehr groß. Anstelle von englischen Untertiteln finden sich häufig russische Untertitel. Wäre mein chinesisch nicht schon ein bisschen besser geworden, hätte ich mich sonst wohl vollkommen wie ein Analphabet gefühlt.

Nun nahte der Nachmittag des ersten Tages und somit auch die ersten Schwierigkeiten. Ab 4 Uhr wurde es dunkel und noch einmal viel kälter als es sowieso schon war. Nachdem wir eine Stunde nach einem Supermarkt gesucht und letztendlich doch keinen gefunden haben, beschlossen wir zum Hotel zurückzukehren. Doch zunächst einmal fanden wir keine Bushaltestelle mit einem Bus, der uns nach Hause bringen würde. 'Okay, dann nehmen wir eben ein Taxi, kostet ja nicht so viel', dachten wir uns also. Jedoch befanden wir uns gerade in der Rush Hour und etwa 20 Leute standen in einer Reihe für ein Taxi an. Ausnahmslos jedes vorbeifahrende Taxi war bereits besetzt. So langsam kam Verzweiflung auf. Wer meinen letzten Post noch in Erinnerung hat, weiß vielleicht noch wie ich die Verkehrssituation in Qingdao beschrieben habe, aber das ist ein Scherz gegen Harbin... Nach einigen Minuten nahmen wir einfach den nächsten Bus, der ankam und fuhren zu einer Haltestelle, die wir bereits besucht hatten und kannten. Die Linie, die uns dort nach Hause bringen sollte, war jedoch so unbeschreiblich voll, dass wir uns nur noch mit Mühe hineinquetschen konnten und in die Mitte des Busses gedrängt wurden. An unserer Haltestelle angekommen eilten wir so weit dies möglich war zum Ausgang, doch wir waren zu spät. Der Bus fuhr trotz unserer Schreie "Aussteigen!!!" einfach weiter. Von der darauffolgenden Haltestelle liefen wir zurück zum Hotel. Glücklich liefen wir zurück zu unserem Zimmer und freuten uns auf die warmen Bettdecken und einen heißen Tee. Doch unsere Zimmerkarte funktionierte nicht. Das Schicksal meinte es nicht gut mit mir an diesem Tag. Dieses Problem ließ sich zum Glück sehr schnell beheben, trotzdem passte dieser Zwischenfall einfach wunderbar in die Ereigniskette "impossible to get home“.

Mit neuer Energie begannen wir den nächsten Tag. Auf dem Tagesplan standen Harbin Polarworld und der sibirische Tigerpark. Der sibirische Tigerpark hat mir ziemlich gut gefallen. Das Gebiet ist wirklich sehr groß und mit einem Zoo kaum zu vergleichen. Es ist nicht erlaubt dort allein hindurchzulaufen, sondern man wird in einem gesicherten Bus gefahren. Da aus Sicherheitsgründen die Scheiben geschlossen bleiben mussten, konnte ich kein besonders gutes Foto schießen. Ich fand es aber ziemlich faszinierend wie nah die Tiger zu dem Bus kamen.
im Museum: Mischung aus Michelle und mir

Am dritten Tag besuchten wir das Museum für Wissenschaft und Technik. Für mich war es das anschaulichste Museum, das ich je gesehen habe. Für jedes physikalische, technische oder biologische Prinzip, das vorgestellt wurde, gab es ein kleines Experiment oder ein Spiel, das man selbst machen konnte. Das war wohl der Grund dafür, dass sehr viele Kinder dort herumrannten, aber davon habe ich mich nicht beirren lassen.


Danach haben wir uns einen bekannten Park angesehen, der wirklich sehr schön anzusehen war. An diesem Tag hatten wir Glück, denn es war sehr sonnig und bei ständiger Bewegung, konnten wir es einigermaßen gut draußen aushalten.



ausnahmsweise ein Tag mit viel Sonnenschein
im Park




















das soll übrigens ein Phoenix sein

Dienstag, 2. Dezember 2014

Ein bisschen vom Alltag

Mein Uni-Alltag in China beginnt jeden Tag um 5:45. Da ich so weit entfernt von der Uni wohne und jeden Morgen einen Weg von über einer Stunde habe, stehe ich recht früh auf, um meinen Bus zu bekommen. Der einzige Vorteil liegt wohl darin, dass ich dem meisten Stau aus dem Weg gehen kann und nicht noch länger im Bus warten muss. Bus fahren ist hier eine ganz lustige Angelegenheit. In Qingdao wohnen insgesamt 9 Millionen Menschen. Im Hauptteil der Stadt sind es immerhin noch 2 Millionen Menschen. Und trotzdem gibt es keine U-Bahn. Es gibt also nur 3 Möglichkeiten von A nach B zu kommen: mit dem eigenen Auto, dem Taxi oder dem Bus. Alle Möglichkeiten führen letztendlich dazu, dass auf den Straßen sehr viel Verkehr herrscht. Die Tatsache, dass sowohl ein eigenes Auto und ein Taxi für viele Menschen zu teuer ist, führt dazu, dass es in den Bussen immer kuschelig warm ist. Eine Busfahrt kostet etwa 15 ct, egal wie viele Stationen. Buspläne wie in Deutschland gibt es nicht. Es stehen alle Stationen drauf, die der Bus anfährt, aber es gibt keine genaueren Informationen über die Zeit, lediglich die Anfangs- und Endzeit an jedem Tag. Für die Busse, die ich regelmäßig benutze, hab ich das zum Glück schon rausgefunden. Ich hab aber auch schon mal eine Stunde auf einen Bus gewartet.
Damit ich morgens nicht noch früher aufstehen muss, kaufe ich mir mein Frühstück auf dem Weg zur Uni und frühstücke dort. Es gibt morgens eine Vielzahl an kleinen Ständen, die chinesisches Frühstück verkaufen, da im Allgemeinen wenige Mahlzeiten zu Hause zubereitet werden. Ich esse jeden morgen Reissuppe. Die meisten Reissuppen schmecken wie Reis mit Wasser-nach gar nichts. Aber irgendwann habe ich eine Sorte mit Geschmack gefunden, kostet 20 ct. Ansonsten gibt es noch eine Vielzahl an Möglichkeiten: beliebt ist eine Art Hamburger mit Brot, in das Fleisch, Salat, Ei und Soße reinkommt. Außerdem gibt es auch eine Art herzhafter Pfannkuchen mit Mayonnaise und Fleisch und Ei. Einmal habe ich auch warme Sojamilch probiert, die hat sogar besser geschmeckt als die, die ich aus Deutschland in Erinnerung habe. Es gibt auch Bäckereien in China, aber die Backwaren dort sind teurer verglichen mit den Straßenständen oder herkömmlichen chinesischen Essen. Sogar im Vergleich mit Preisen aus Deutschland. Außerdem gibt es dort nur helles, sehr weiches Brot und süßliche Dinge. Ich habe hier sogar eine deutsche Bäckerei gefunden. Einige Dinge konnte ich auch wiedererkennen, einiges habe ich in Deutschland aber noch nie gesehen.
Agnieszka, Michelle und ich im "Waffle Bants"
Mein Uni-Tag endet um 12 Uhr, danach gehe ich meistens mit Kommilitonen in einem Restaurant oder in der Kantine Mittagessen. Die Kantine bietet sehr große Portionen zu sehr kleinen Preisen an. Vegetarische Gerichte gibt es ab knapp 1€. In der näheren Umgebung der Uni gibt es ein paar kleinere Restaurants, in denen man zu immer noch geringen Preisen essen kann. Dort bestellen wir meistens als Gruppe mehrere Gerichte und teilen sie. Dabei bekommt jeder seine eigene kleine Schüssel Reis. Am Ende bezahlt jeder ungefähr 2-3€. Serviert werden chinesische Gerichte. An diesen Orten essen meist Studenten, da sie direkt neben der Uni liegen.
Es gehen aber sehr viele Leute entweder mittags oder abends essen, da es sehr günstig ist. Man spart kein Geld beim selbst kochen, je nachdem bei welchem Gericht zahlt man sogar mehr. Die Küchen hier sind auch alle nicht sehr luxuriös ausgestattet. Ich habe meine eigene Wohnung, aber meine Küche hat nicht mal einen Ofen oder eine Mikrowelle. Ich habe einen Gasherd mit 2 Kochstellen. Bisher habe ich noch von keiner anderen Person etwas anderes gehört. In einigen Studentenwohnheimen gibt es tatsächlich keine Küche. Das wäre in Deutschland unvorstellbar.
In Qingdao Downtown kann man auch für mehr Geld leckeres Essen finden. Dort gibt es alle Arten von Restaurants. Es wird im Stil von anderen asiatisches Ländern gekocht und sogar westlich. Ganz besonders mag ich ein westliches Café, das einen himmlisches Käsekuchen serviert.
Blaubeer-Käsekuchen yummy!
Anschließend fahre ich nach Hause und mache meine Hausaufgaben. Die Uni erinnert vom Lernstil mehr an eine Schule, daher mache ich jeden Tag brav meine Hausaufgaben. Je nachdem wie spät ich nach Hause fahre, lande ich mitten im Berufsverkehr. Das ist deshalb erwähnenswert, weil ich schon so manche Nah-Tod-Erfahrung in einem Bus hatte. Es ist schon gefährlich über die Straße zu gehen, wenn nicht so viele Autos unterwegs sind, aber in der Rush Hour schaue ich nicht mehr aus dem Fenster. Das Gruseligste als Fußgänger ist, dass die Autos trotzdem Vorfahrt haben, wenn die Fußgängerampel grün anzeigt. Meistens wird man aber nur angehupt, wenn man im Weg steht. Meistens. Einmal wollte ich gerade aus einem Bus aussteigen und bin fast von einem Auto umgefahren worden, das den Bus von rechts in der Bushaltestelle überholen wollte. Ich war etwas geschockt. Wenn ich recht darüber nachdenke, habe ich auch noch nie irgendwo hier eine Fahrschule gesehen. Wundert mich nicht. Wenn ich die Straße überqueren möchte, dann suche ich nach irgendwelchen Chinesen, die in die gleiche Richtung wollen wie ich und folge ihnen einfach. Zum Glück gibt es hier so viele davon.
Als das Wetter noch schöner und wärmer war als es jetzt ist, habe ich gegen 6-8 Uhr abends oft Kinder und ältere Menschen gesehen, die draußen gespielt, getanzt oder Taiji gemacht haben. In der Gegend in der ich wohne, gibt es nämlich einen kleinen Platz mit einer Ansammlungen von kleinen Geschäften, der ein bisschen Platz für solche Zusammentreffen bietet.

Was mich ein bisschen traurig macht um diese Jahreszeit ist das nicht Vorhandensein von Weihnachten. Es gibt keine Dekoration in den Straßen, keine Plätzchen oder Lebkuchen im Supermarkt und auch keine Weihnachtsbäume. Im Starbucks gibt es jetzt Weihnachtskaffee und die Fensterscheiben von McDonalds haben mir frohe Weihnacht gewünscht, aber das war auch schon alles. Außerdem habe ich eine ältere Frau in einem chinesischen Weihnachtspulli gesehen. Es waren Weihnachtsbäume und Pandas mit niedlichen Schals darauf abgebildet. Weihnachtspandas. Schade, dass ich nicht stricken kann.